Tagtäglich greifen und bewegen wir Gegenstände: Wir halten den Stift zum Schreiben, führen die Zahnbürste zum Zähneputzen zum Mund und nehmen das Glas in die Hand zum Trinken. Selbst letzteres ist vielen querschnittsgelähmten Menschen nicht möglich. Greifen, halten und erfassen sind elementare, körperliche Eigenschaften, die uns ein autonomes Leben ermöglichen.
Um gelähmten Patienten zu helfen und ihnen ein selbstständigeres Leben zu ermöglichen, entwickeln wir zurzeit in unserer Forschungsgruppe fortschrittliche und wegweisende Neuroprothesen. Dazu nutzen wir einen hochgradig interdisziplinären Ansatz, bei dem die Neurowissenschaften, Neurochirurgie, maschinelles Lernen und virtuelle Realität ineinander greifen. Wir nutzen unsere Expertise in diesen Gebieten, um sogenannte ‚brain-computer interfaces‘ (BCI) zu entwickeln. Bei einem BCI handelt es sich um ein System, dass die direkte Kommunikation zwischen Gehirn und Computern ermöglicht und dabei unter anderem eine geschädigte Wirbelsäule überbrücken kann. Neuronale Signale werden dabei aus dem Gehirn ‚ausgelesen‘ und die Bewegungsintentionen des Patienten mit Hilfe einer speziellen Software dekodiert. Diese entschlüsselten Bewegungsintentionen werden dann benutzt, um Prothesen anzusteuern. Damit wird es gelähmten Patienten wieder möglich sein, Selbständigkeit zurückzugewinnen und damit ihre Lebensqualität deutlich zu verbessern.
Um dieses Ziel zu erreichen müssen wir allerdings besser verstehen, wie das Gehirn sensorischen Input und motorischen Output verarbeitet und dadurch Bewegungsintentionen erzeugt. Doch wie lernt das Gehirn ein BCI System zu steuern? Wie selektieren einzelne Neuronen beim Erlernen neuer Aufgaben? Und wie trifft das Gehirn die Entscheidung, ein bestimmtes Objekt aus einer Reihe von vielen möglichen auszuwählen?
Diese und andere Fragen erforschen wir in unserem Expertenteam. Die Kooperation mit dem Knappschaftskrankenhaus ermöglicht es uns zudem, eng mit Medizinern und Patienten vor Ort zusammenzuarbeiten. Um auch die Weiterentwicklung robotischer Prothesen voranzutreiben, kollaborieren wir ebenfalls mit einem lokalen Robotik-Labor, um eine effiziente Synthese zwischen Technik und neuen Erkenntnissen zu erreichen.